Gut 4‘500 km haben wir in knapp einer Woche mit dem Camper
zurückgelegt, dazu noch 480 km von Kapellskär nach Naantali und zurück auf der Fähre. “Warum tun wir
das?“, habe ich mich hauptsächlich dann gefragt, wenn wir auf der deutschen
Autobahn in einem der zahlreichen Staus standen.
Der Entschluss, an die Coursing-EM 2015 zu fahren, fiel im Oktober 2014, als
CDL-Präsident Hubert Iser uns mitteilte, unsere Jada sei nach Korrektur der
falsch eigegebenen Resultate die eigentliche Coursing-Europameisterin 2014 und
werde an der nächsten CEM geehrt werden, sofern wir dort seien. Also muss man
da hin.
Viele Delegationen waren wegen der Entfernung etwas kleiner als üblich, auch
der Titelverteidiger bei den Saluki-Rüden, Fou’ad Sharaf al Bait blieb zuhause.
Frankreich nahm aus Protest gegen Entscheide der CDL nicht teil und strafte
damit in erster Linie die eigenen Hunde und ihre Halter.
Wegen Verletzungen wurde auch das Schweizer Team noch weiter reduziert. Ferid,
Faiza und Humairah Sharaf al Bait konnten nicht teilnehmen und leider fiel auch
die in Deutschland als Nummer 1 gesetzte Hijab Sharaf al Bait noch kurzfristig
aus.
Nach der nächtlichen Überfahrt
nach Finnland mit der Fähre dauerte die Fahrt nur noch 2 Std bis zum
Coursinggelände. Die Windhundrennbahn in Helsinki entpuppte sich als idealer
Austragungsort. Eine gute Infrastruktur war bereits vorhanden, zum Parkieren
und Campen gab es reichlich Raum um die Rennbahn herum und auf einem
angrenzenden Platz, aber so, dass doch alles eine Einheit bildete. Im Innenraum
der Bahn befanden sich neben einem Festzelt weitere Zelte für die Info, das
Tierarztteam, die Richter- und Teamchef-Sitzungen und für Verkaufsstände. Die
beiden grosszügigen Coursinggelände grenzten ebenfalls praktisch an die
Rennbahn an.
Während in der Schweiz schon fast hochsommerliche Temperaturen herrschten, war
es auf dem Gelände nachts sehr kühl, morgens mit Sonne angenehm und nachmittags
mit Wind und Aufzug von Wolken und wenig Regen zunehmend wieder kühl. Für die
Hunde also ganz wunderbar.
Dass 5 von 6 Richtern pro Rasse aus Finnland, Schweden oder Norwegen kamen, löste bereits im Vorfeld Stirnrunzeln aus. Dagegen war, wie von früheren Veranstaltungen her erwartet, alles gut organisiert und die vielen Helfer zeigten sich engagiert und sehr freundlich. Manche Teilnehmer fanden gar, es sei überorganisiert gewesen! Die Tierarztkontrolle ging zügig und mit wenig Verzögerung über die Bühne. Die Eröffnungszeremonie wurde mit Vorstellung aller teilnehmenden Windhundrassen, gezeigt in entsprechenden Gewändern, und einem Auftritt von Sankt Nikolaus, der Jahreszeit gemäss in kurzen Hosen, sehr stimmungsvoll. Der Start am folgenden Morgen war pünktlich um 08.00, allerdings mussten die Hunde vor dem Start für 3 Läufe unter einem Zelt in 3 Abteilen bereitstehen mit der Konsequenz, dass sie sich mehr als 20 Minuten nicht bewegen konnten bevor es an den Start ging. Dies wurde nach entsprechender Intervention aber anstandslos verbessert. Auf beiden Feldern war ständig ein Tierarzt anwesend. Als Hajar im ersten Lauf mit einer dreifachen Rolle stürzte, informierte der Starter die Tierärztin umgehend und führte mich mit Hajar nach Ende des Laufs unverzüglich zu ihr. Die Zusammenarbeit mit der Uniklinik war auch vorbildlich organisiert. Der Parcours auf Feld 1 war 1000 Meter lang, schnell geführt, aber doch in leichter Hanglage. Parcours 2 war 930 Meter lang, etwas technischer und so gesteckt, dass ein etwas weiter laufender Hund für eine weite Strecke abgehängt blieb. Das Gelände war leicht hügelig und der Parcours gab Anlass zu Kritik: Das Ziel befand sich ziemlich weit vom Start entfernt hügelaufwärts, wegen der Parcoursführung konnte der Halter auch nicht gleich loslaufen. Entsprechend brauchte man einen Starter und einen Fänger, bei 2 Hunden kurz nacheinander bereits 4 Personen und ab 3 Hunden sogar 5 Personen! Dies müsste man zumindest vorher wissen. Damit gleich weiter zum ganz grossen Schwachpunkt resp. nicht nachvollziehbaren Planungsfehler: Auf Parcours 1 dauerte es von Start zu Start gegen 7 Minuten. Die Technik funktionierte tadellos, so dass glücklicherweise kaum noch zusätzliche Verzögerungen dazu kamen. Die Veranstalter hätten dies wissen und ganz einfach rechnen müssen. Statt diese einfache Grundrechenoperation durchzuführen, wurde ein unmöglich einzuhaltender Zeitplan aufgestellt. Die Siegerehrung war für 19.30 angesetzt, allerdings wurden die zweiten Läufe erst ab 16.30 gezogen! Die Siegerehrung begann dann schliesslich gegen 22.00.
Zurück zu den ganz positiven Aspekten: Die Datenübermittlung klappte ganz ausgezeichnet. Bereits bevor der Teamchef mit einer grösseren Anzahl Ausdrucke mit den Resultaten des ersten Laufs beim Camp eintraf, waren diese bereits online, einmal nach Läufen geordnet, und zwar sämtliche Bewertungen, und dann auch noch als Rangliste. Den Hundepässen lagen Durchschläge sämtlicher 6 Laufbewertungen bei, so dass eine sofortige Überprüfung der Punktvergaben möglich war. Damit können Fehler, wie sie letztes Jahr aufgetreten sind, wirksam verhindert werden.
Nun aber zu unseren Läufen! Wenn man mehrere Hunde am Start
hat, sieht man leider nicht viel von den andern Läufen resp. sieht – wie hier auf Parcours 2 - sogar nur einen Teil des Laufs. Trotzdem
wurde schnell klar, dass hier viele Top-Salukis liefen, obwohl die Meldezahl ja
geringer war als in anderen Jahren. Schnell, wendig, clever waren viele. Im
Lauf 1 liefen Nour und Zarrin sehr schön, Hajar verlor nach einer 3-fach Rolle
kurz die Orientierung, zeigte danach aber nochmals vollen Einsatz. Der Lauf von
Jada überzeugte uns absolut, während Hasna nicht alle Wechsel ganz optimal
erwischte. Harun lief einen guten Lauf mit einem ebenbürtigen Partner, alles
sehr harmonisch und deshalb vielleicht zu wenig spektakulär und für die Richter
zu wenig attraktiv.
Dann folgte gespanntes Warten auf die Beurteilungen durch die 3 Richter.
Tatsächlich führte Jada nach dem 1. Lauf, und zwar mit einem Vorsprung von 14
Punkten, Zarrin war vierte, Nour und Hajar sechste, Hasna 14.und Harun bei den
Rüden wie befürchtet zwanzigster. Die Deerhounds, bei welchen wir mithalfen,
kamen erst nach 14.00 dran und danach ging das Warten weiter. Man hörte, es
käme wegen einer Intervention eines Teamchefs zu einer Verzögerung. Erst 15.45
kam unser Teamchef, Rolf Bosch, mit den Laufeinteilungen des 2. Laufes, um
16.00 sollte es weitergehen und Nour startete gerade im 1. Lauf. Also war nun
Eile geboten – ausser uns war dann aber niemand um 16.00 auf dem Sattelplatz!
Schliesslich ging es um 16.30 weiter, wie bereits gesagt mussten wir die Hilfe
etlicher Helfer in Anspruch nehmen. Neben dem gut bewährten Stefan Krieg half
auch Heidi Lappalainen, eine finnische Züchterin, die den Grossvater von Nour
und Zarrin gezüchtet hatte. Die Läufe waren nicht nach Punktzahlen sondern
gemischt geordnet. Zarrin verschlief ihren Lauf und wartete danach ungeduldig
darauf, endlich laufen zu dürfen. Aber auch Nour und Jada meisterten den 2. Parcours
nicht so richtig nach Wunsch. Hasna, Hajar und Harun liefen ganz ansprechend.
Danach wieder langes Warten bis zu den Deerhounds und dann bis zum Dinner, das
ursprünglich erst nach der Siegerehrung geplant gewesen wäre, schliesslich aber
doch vorverschoben wurde.
Und dann ganz plötzlich, als wir noch beim Essen waren, wurde
zur Siegerehrung aufgerufen! Rasch holten wir die
vier aussichtsreichsten Hunde und liessen Hasna und Harun im Wohnmobil. Tatsächlich
wurde als erstes Jada nachträglich durch den CDL-Präsidenten Hubert Iser zur
Coursing-Europameisterin 2014 gekrönt. Als ich wegen der grossen Menge Hunde
und Menschen und den entsprechenden Lärm ums Festzelt herumgegangen war und
wieder beim Schweizer Team eintraf, hörte ich gerade noch, dass Hajar als
sechste aufgerufen wurde. Kurt musste sich beeilen. Die Ehrungen erfolgten
nicht wie üblich nach Alphabet sondern in der Reihenfolge der Läufe und damit
waren die Saluki-Hündinnen als erste dran! Plötzlich stand Kurt mit Hajar auf
Rang 5 während Rang 6 frei blieb, was ich überhaupt nicht verstand. Es blieb aber auch nicht Zeit zum Ueberlegen,
denn Jada schaffte es zum zweiten Mal in Folge ganz oben aufs Treppchen, was
für ein überwältigender Moment! Und nach diversen Glückwünschen, Anziehen der
Siegerdecke und der Nationalhymne die Auflösung des Rätsels: 6. Rang Hajar, 5.
Rang Hasna, die im 2. Lauf die höchste Punktzahl der Saluki-Hündinnen erzielt und
sich entsprechend vorgearbeitet hatte.
Einfach nur wunderbar! So hatte sich die lange Reise gelohnt.
Zarrin kam immerhin auf den 9. Rang, Nour auf den 13., also alle 5 Hündinnen
unter den ersten 13 von 32. Harun verbesserte sich auf den 16. Rang. Tizpa Porgouhar Isfandiyar von Henriette van Bodengraven und Chris Bekker, Bruder von Nour und Zarrin und Vater unseres I-Wurfs, wurde Coursing-Europameister bei den Saluki-Rüden, super gemacht!